Der Bundesrat, die Initiativen und das Stimmvolk. Über die Angst der Herrschenden vor der Freiheit des Einzelnen. Ein Interview mit Eveline Widmer-Schlumpf. Von Andreas Thiel
Thiel: Frau Eveline Widmer-Schlumpf, wie kommt es, dass die Meinung des Bundesrates der Meinung des Volkes derart diametral zuwiderläuft?
Widmer-Schlumpf: Man muss das unprofessionelle Stimmverhalten des Volkes entschuldigen. Das Volk ist kein Berufsvolk. Was wir in der Schweiz haben, ist politisch gesehen ein Teilzeitvolk. Im Gegensatz zum Bundesrat, der aus vollamtlichen Berufspolitikern besteht. Bei den Stimmbürgern hingegen handelt es sich nur um Laien.
Thiel: Ein Leihvolk?
Widmer-Schlumpf: Ein Laienvolk. Es stimmt über Gesetze ab, obwohl die wenigsten Stimmbürger Rechtswissenschaften studiert haben. Der Bundesrat hingegen besteht aus drei Juristinnen, einer Politologin und zwei Wirtschaftswissenschaftlern. Er weiss also, was richtig ist und was nicht. Nur Ueli weiss es nicht, er ist nur Buchhalter. Deswegen war er auch der Einzige von uns, der für die Minarett-Initiative war.
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